Aujeszkysche Krankheit

Morbus Aujeszky; Pseudowut; Pseudorabies, infektiöse Bulbärparalyse, Juckseuche, mad itch

C D E

Steckbrief

Die Aujeszkysche Krankheit ist primär eine Viruserkrankung der Schweine. Jedoch können auch Hunde, Katzen und praktisch alle anderen Haussäugetiere daran erkranken. Für alle empfänglichen Tierarten mit Ausnahme der Schweine endet die Erkrankung tödlich. Die Symptome ähneln jenen der Tollwut, weswegen die Krankheit auch als Pseudowut bezeichnet wird. Menschen sind für die Infektion nach derzeitigem Wissensstand nicht empfänglich.

Vorkommen

Die Aujeszkysche Krankheit ist weltweit verbreitet. In Österreich kommt die Krankheit im Hausschweinebestand nicht vor. Wie in anderen europäischen Ländern ist die Aujeszkysche Krankheit jedoch im Wildschweinbestand vorhanden.

Wirtstiere

Schweine (Haus- und Wildschweine) sind das natürliche Reservoir. Hunde, Katzen, andere Fleischfresser (Nerze, Frettchen) und Wiederkäuer (Rinder, Schafe, Ziegen), sowie Pferdeartige sind hingegen Fehlwirte, die in der Weiterverbreitung der Erkrankung kaum eine Rolle spielen. Die Krankheit endet bei allen Fehlwirten tödlich, nur Schweine überleben - auch abhängig vom Alter - die Erkrankung.

Infektionsweg

Die Übertragung erfolgt von Schwein zu Schwein über den Atmungs- oder Verdauungstrakt, bei Wildschweinen auch über den Deckakt. Andere Tiere infizieren sich über direkten Kontakt mit Schweinen. Für Fleischfresser ist die wichtigste Ansteckungsquelle die Aufnahme von Fleisch und Innereien infizierter (Wild-)schweine. In der gegenwärtigen epidemiologischen Situation in Österreich sind hier vor allem Jagdhunde gefährdet.

Inkubationszeit

2 bis 6 Tage

Symptomatik

Bei Schweinen reicht die Symptomatik von einer subklinischen Erkrankung (oft bei Wildschweinen) über Aborte, Atemwegserkrankung, neurologische Symptome bis hin zum Tod bei sehr jungen Ferkeln. Fehlwirte reagieren auf die Infektion immer mit einer tödlichen Erkrankung des zentralen Nervensystems, die oft mit Unruhe, Juckreiz, Selbstverstümmelung und Krampfanfällen einhergeht.

Therapie

Es gibt keine Therapie gegen das Virus. Die Erkrankung führt bei allen empfänglichen Tieren außer Schweinen zum Tod.

Vorbeugung

In Österreich kommt die Krankheit im Hausschweinebestand nicht vor. Aujeszkysche Krankheit ist im Hausschweinebestand anzeigepflichtig. Eine Impfung ist verboten. Um diesen Status zu erhalten, werden jedes Jahr serologische Überwachungsprogramme durchgeführt. Zudem werden Abortusfälle bei Hausschweinen, die an die AGES eingesandt werden, auch auf Aujeszkysche Krankheit untersucht. Die Untersuchung von Wildschweinen erfolgt ausschließlich im privaten Auftrag bzw. im Rahmen von Forschungsprojekten.

Situation in Österreich

Österreich ist seit 1997 amtlich anerkannt frei von der Aujeszkyschen Krankheit in Hausschweinen. Diese Freiheit wird durch ein jährlich durchgeführtes Überwachungsprogramm belegt.

Untersuchungen bei Hausschweinen

Nachdem das Virus der Aujeszkyschen Krankheit auch in Österreich im Wildschweinebestand vorkommt, sterben immer wieder Hunde an der Aujeszkyschen Krankheit. Dbei handelt es sich fast ausschließlich Jagdhunde, die sich vermutlich im Zug von Wildschweinjagden mit dem Virus infizieren.

Untersuchungen bei Wildschweinen

An Aujeszkyscher Krankheit verstorbene Hunde

Fachinformation

Der Erreger der Aujeszkyschen Krankheit ist das Suid Herpesvirus 1 (SuHV-1), syn. Pseudorabies-Virus aus der Unterfamilie Alphaherpesvirinae, Gattung Varicellovirus. Die Virusstämme schwanken in ihrer Virulenz, verhalten sich aber serologisch einheitlich. Schwach virulente Virusstämme sind streng neurotrop und verursachen im Gegensatz zu den stark virulenten Stämmen keine weiteren Organschäden. Stark virulente Stämme sind in der Lunge (Befall der Alveolarmakrophagen) und im Genitaltrakt, sowie im Samen infizierter Eber nachweisbar.

Das Virus vermehrt sich primär in den Epithelien von Nasen- und Rachenschleimhaut und den Tonsillen, bzw. in den Genitalschleimhäuten und verbreitet sich in der Folge im Nervensystem. Vom Primärort wandert das Virus über afferente Nervenbahnen ins ZNS. Nervöse Krankheitssymptome entstehen, wenn eine Schädigung der Neuronen eingetreten ist. Wird die primäre Infektion überlebt (nur bei Schweinen) bleiben die Tiere latent infiziert. In diesem Stadium sind sie nicht infektiös, allerdings kann es aufgrund von Stressoren (Transport, Massenansammlungen, Paarungszeit, Geburt) zur Reaktivierung des Virus und infolgedessen zur Weiterverbreitung kommen.

Das Virus kann in der Umwelt bei 25 °C bis zu 40 Tage überleben. Eine Inaktivierung des Virus erfolgt durch Erhitzung über 55 °C oder durch Desinfektionsmittel auf Chlor-, Ammonium- oder Formalinbasis. Alkohol und Phenole sind jedoch unwirksam.

Übertragung

In Hausschweinebeständen wird der Erreger meist durch direkten Kontakt mit infizierten Schweine auf gesunde Schweine übertragen. In stark infizierten Beständen kann eine Übertragung auch während der tierischen Pflege über Handkontakt, durch Futter, unbelebte Gegenstände und/oder bei enger Nachbarschaft sogar über Luftbewegung ("aerogen") erfolgen. In Gebieten mit dichter Schweinehaltung breitet sich die Infektion rasch aus.

Weitere Ansteckungsquellen sind Fleisch, Organe, Milch und Sperma. Tragende Sauen verbreiten das Virus über abortierte Föten, die Plazenta und den Vaginalausfluss.

Zum Virusträger können nicht nur empfängliche, sondern auch geimpfte Schweine werden. Eine Impfung ist daher in Österreich verboten. Das Virus zieht sich nach einer überstandenen Erkrankung je nach Eintrittspforte in die Trigeminusganglien und ggf. Tonsillen, oder in die Sakralganglien (besonders bei Wildschweinen) zurück (latente Infektion). Durch Stressfaktoren wie Transporte etc. kann es zur Reaktivierung und Ausscheidung des Virus kommen. Die Übertragung der Viren ist nicht an eine Jahreszeit gebunden. Für Fleischfresser ist die wichtigste Ansteckungsquelle die Aufnahme von Fleisch und Innereien infizierter (Wild)-schweine.

Symptomatik

Ferkel: Anfangs Fieber, Erbrechen, Bewegungsstörungen, Kreisbewegungen, Schlucklähmung, starke Speichelbildung; danach zentralnervöse Störungen: Muskelzittern, Krämpfe, Paddelbewegung der Gliedmaßen und teilweise Lähmung; bei Ferkeln bis 2 Wochen beträgt die Sterblichkeit 100 %; bei 3-4 Wochen alten Ferkeln noch immer 50 %. Jungtiere im Alter von 1-3 Monaten zeigen geringen Appetit, Schnupfen (Nasenausfluss), leichtes Fieber und Atemnot. Der Tod tritt meist nur bei zentralnervösen Störungen auf.

Läufer/Mastschweine: Erkrankungen des Atmungstrakts, hohes Fieber, Niedergeschlagenheit, schlechte Gewichtszunahme, selten zentralnervöse Störungen. Die Inkubationszeit beträgt 3-5 Tage bei einer Erkrankungsrate von 100 % und einer Sterberate von 5 %.

Sauen/Eber: Fruchtbarkeitsprobleme, inkl. Aborte

Wildschweine: Zeigen meist eine nicht so ausgeprägte Symptomatik wie Hausschweine – oftmals ohne Anzeichen einer Erkrankung.

Hund/Katze/Rind/kleine Wiederkäuer: Gehirn- und Rückenmarksentzündung mit zentralnervösen Erscheinungen, Speichelfluss und starkem Juckreiz. Die Krankheit endet bei diesen Tieren immer tödlich, meist nach 1-3 Tagen.

Im Unterschied zur Tollwut haben erkrankte Fehlwirte Durst, Fleischfresser keine Symptome der Aggressivität und Wiederkäuer keine Wasserscheu sowie ausgeprägte Symptome des Atemtraktes, z. B. verstärktes Hecheln oder Kurzatmigkeit.

In Österreich ist die Anwendung einer Schutzimpfung verboten. Die für Schweine entwickelten Lebendimpfstoffe sind für Rinder, Hunde und Katzen krankmachend, inaktivierte Vakzinen sind zu wenig wirksam. Auf Grund des Auftretens der Aujeszkyschen Krankheit bei Wildschweinen wird empfohlen, die entsprechenden Biosicherheitsmaßnahmen im eigenen Betrieb zu überprüfen und für entsprechende Verhinderung des Kontaktes zwischen Haus- und Wildschweinen (z.B. durch doppelte wildschweindichte Umzäunung) zu sorgen.

Symptomatik bei Hunden und Katzen

Die Diagnose stützt sich auf die klinischen Symptome und den raschen progressiven Verlauf. Auffällige Symptome sind Fressunlust, krankhafte Sensibilität, hochgradiger Juckreiz gefolgt von Selbstverstümmelung (Automutilation), extreme Sensibilität auf Berührungen, Taubsein, Speichelfluss, gerötete Lidbinde- und Mundschleimhaut, erhöhte Atemfrequenz (60/min.) sowie frequenter Puls (160/min.) Im Gegensatz zur Tollwut zeigen die erkrankten Tiere Durst, nicht aber Aggressivität. Die Krankheit schreitet so rasch fort, dass bis zum Zeitpunkt des Todes keine Antikörper gebildet wurden. Eine sichere Diagnose wird erst nach dem Tod durch entsprechende Laboruntersuchung gestellt.

Information für Jäger:innen

Zum Training von Jagdhunden verwendetes Blut kann auf Virusfreiheit getestet werden (PCR-Untersuchung notwendig).

Der direkt Kontakt Schwarzwild – Jagdhund sollte im Jagdbetrieb so weit wie möglich eingeschränkt werden. Auf alle Fälle vermieden werden sollten das „Genossen machen“ mit Organen vom Schwarzwild, ein intensiver Kontakt zu Ein- und Ausschusswunden, das Anschneiden von Schwarzwild durch den Hund, ein direkter Kontakt zu Aufbrüchen oder zu Schwarzwildstrecken. Wenn die Schutzmaßnahmen eingehalten werden, kann die Ansteckung von Jagdhunden mit hoher Sicherheit verhindert werden.

Diagnostik

Labordiagnostik bei (Wild-)schweinen

  • Untersuchung auf Antikörper aus Blut (Serum) mittels ELISA oder Serumneutralisationstest: Das Ergebnis erlaubt eine Aussage, ob das Tier Kontakt mit dem Virus hatte; das Resultat der Untersuchung gibt jedoch keinen Aufschluss, wann, wo und wie weit das Virus akut vorhanden ist oder ob es ausgeschieden wird. Der Nachweis von Antikörpern bedeutet auch keine Immunität. Im internationalen Handel ist ggf. die Unterscheidung von geimpften Tieren bedeutsam, die mit Hilfe spezieller ELISA-Tests aufgrund der Verwendung sogenannter Markerimpfstoffe möglich ist.
  • Untersuchung mittels PCR aus Organen (Tonsillen, Gehirn, Rückenmark, Lunge, Milz, Niere, Leber, Lymphknoten), inkl. Abortmaterial, sowie aus naso- und oropharyngealen Tupfern: Die PCR weist das Virus bzw. Virusbestandteile direkt nach. Auch eine latente Infektion kann mit PCR nachgewiesen werden, wenn die entsprechenden Zielgewebe (Trigeminal-, oder Sakralganglien) beprobt werden.
  • Virusisolierung: diese ermöglicht im Gegensatz zur PCR eine Aussage, ob es sich um infektionsfähiges Virus handelt, sowie eine weiterführende Typisierung. Die Virusisolierung wird in der Routinediagnostik kaum eingesetzt.

Labordiagnostik bei Hunden

  • Nachdem aufgrund des raschen Krankheitsverlaufes keine Antikörper gebildet werden ist nur der direkte Erregernachweis mittels PCR (ggf. auch durch Virusisolierung) sinnvoll. Hier sollte ZNS (Gehirn und/oder Rückenmark, bei letzterem speziell die Region des Rückenmarks die für die Versorgung der Hautstellen, wo der Juckreiz beobachtet wurde, zuständig war) zur Untersuchung gebracht werden.

In allen Fällen sollte der Probenversand an das Labor idealerweise unter Beigabe von Kühlmitteln und Berücksichtigung der entsprechenden Transportbestimmungen (UN3373) durch ein dazu berechtigtes Logistikunternehmen durchgeführt werden.

Kontakt

Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling

Als .docx herunterladen

Aktualisiert: 13.05.2024